Arten & Verhalten: 600 Wildbienenarten in Deutschland

Arten & Verhalten: 600 Wildbienenarten in Deutschland

Kurzüberblick

Deutschland beherbergt rund 600 Wildbienenarten, die meist als Einzelgänger (Solitärbienen) leben und keinen Honig produzieren. Im Gegensatz zur Honigbiene sind viele Wildbienen Pollen-Spezialisten (oligolektisch), die für die Bestäubung spezifischer Pflanzen unerlässlich sind. Sie nisten entweder im Boden oder in Hohlräumen (weshalb Wildbienen Nisthilfen wichtig sind). Über die Hälfte der Arten ist gefährdet. Mit gezieltem Wildbienenschutz kann jeder helfen, diese Superhelden der Natur zu unterstützen.

Inhaltsverzeichnis

  1. Über 600 Arten! Die unfassbare Vielfalt in Deutschland

  2. Von der Einzelkämpferin bis zum Staat: Die Lebensweise der Wildbienen

    • Solitärbienen – Die unabhängigen Powerfrauen

    • Die wählerische Wohnungssuche – warum Nisthilfen so wichtig sind

  3. Spezialisten & Kuckucksbienen: Ernährung und Strategie

    • Die Gourmets unter den Bestäubern (Oligolektie)

    • Die „faulen“ Überraschungen – Kuckucksbiene

  4. Warum Wildbienen unsere Superhelden sind

  5. Was Sie jetzt wissen sollten


1. Über 600 Arten! Die unfassbare Vielfalt in Deutschland

Herzlich willkommen in der faszinierenden Welt der Wildbienen. Wenn Sie bisher nur die Honigbiene kannten, sind Sie hier genau richtig. Denn was in unseren Gärten, Parks und Feldern summt und brummt, ist ein Ökosystem von unglaublicher Vielfalt. Ein Mikrokosmos voller kleiner, fleißiger Persönlichkeiten, die weit mehr als nur Honigbienen sind.

Lassen Sie uns gemeinsam auf eine spannende Entdeckungsreise gehen und herausfinden, wer diese besonderen Insekten sind und was ihr Leben in Deutschland so einzigartig macht!

Hätten Sie gedacht, dass in Deutschland nicht nur eine, sondern rund 600 verschiedene Wildbienenarten heimisch sind? Das ist eine Zahl, die beeindruckt!

Von der kleinsten Zwergbiene mit nur wenigen Millimetern bis zur majestätischen, schwarzen Holzbiene mit bis zu 3 cm Körperlänge. Die optische Bandbreite ist atemberaubend. Wenn Sie lernen möchten, unsere heimischen Wildbienenarten bestimmen zu können, werden Sie schnell feststellen, wie divers dieser Mikrokosmos doch ist.

  • Die Winzlinge: Manche Wildbienen sind so klein und unscheinbar, dass man sie leicht mit Mücken oder kleinen Fliegen verwechselt.

  • Die Pelzigen: Denken Sie an die flauschigen Hummeln: Ja, auch sie sind Wildbienen! Sie sind wahre Kälte-Künstler und schon bei niedrigeren Temperaturen unterwegs.

  • Die Bunten: Einige Arten wie die Blutbienen haben einen auffällig roten Hinterleib, während andere in ganz anderen Farben schillern.

Diese Artenvielfalt ist der Grund, warum unsere heimische Natur so reich und bunt ist. Jede Biene hat ihren Platz und einige sogar ihre eigenen Lieblingsblumen. 

Die Schwarzen Holzbiene; die größte hiesige Art


2. Von der Einzelkämpferin bis zum Staat: Die Lebensweise der Wildbienen

Der größte Unterschied zur Honigbiene: Die meisten Wildbienen sind Einzelgänger, sogenannte Solitärbienen. Nur ein kleiner Teil (wie die Hummeln oder einige Furchenbienen) lebt in Gemeinschaften.

Solitärbienen sind unabhängige Powerfrauen

Bei 99 % der Wildbienen gilt: Das Weibchen ist auf sich allein gestellt.

  • Kein Staat, kein Honig: Solitärbienen bilden keine Völker, produzieren keinen Honig und haben auch keine "Arbeiterinnen" oder eine Königin, die überwintert. Die Mutter stirbt, bevor ihre Nachkommen schlüpfen.

  • Ein Nest, eine Zelle: Jedes Weibchen baut ganz allein ihr Nest und versorgt jede einzelne Brutzelle mit einem Pollenvorrat und einem Ei. Das ist Schwerstarbeit! Für eine einzige Zelle muss sie je nach Art 2 bis 50 Mal Pollen sammeln fliegen.

  • Der Mini-Radius: Sie fliegen oft nur in einem kleinen Umkreis von wenigen Hundert Metern um ihr Nest. Das macht den Schutz lokaler Lebensräume so unglaublich wichtig.

Die wählerische Wohnungssuche – und warum Wildbienen-Nisthilfen so wichtig sind

Wildbienen sind auch bei der Wahl ihres Zuhauses extrem vielfältig. Gerade der Mangel an natürlichen Nistplätzen führt dazu, dass der Wildbienenschutz dringend notwendig ist. Hier kommen Wildbienen Nisthilfen ins Spiel.

  • Unterirdisch nistend (ca. 70%): Arten wie Sandbienen, Furchenbienen und Seidenbienen sind Bodennister. Sie graben Nistgänge im sandigen, lehmigen oder lockeren Boden. Sie benötigen offene, unbewachsene Bodenstellen.

  • Oberirdisch nistend (ca. 30%): Mauerbienen, Blattschneiderbienen und Holzbienen suchen Hohlräume. Sie nisten in markhaltigen Pflanzenstängeln, Totholz, Käferfraßgängen oder alten Schneckenhäusern. Diese Arten sind die Hauptzielgruppe für ein Insektenhotel.

Wenn Sie Bienenhotels kaufen möchten, sollten Sie darauf achten, dass diese artgerecht gebaut sind und die Bedürfnisse der oberirdisch nistenden Arten erfüllen.

Die Ausnahme: Ein Hummelnest; in der Regel unterirdisch


3. Spezialisten & Kuckucksbienen: Ernährung und Strategie

Die Wildbienen sind nicht nur in ihrem Aussehen und Nestbau divers, sondern auch bei dem, was auf den Speiseplan kommt.

Die Gourmets unter den Bestäubern (Oligolektie)

Während Honigbienen "Allesfresser" (polylektisch) sind und viele verschiedene Blüten anfliegen, sind etwa ein Drittel der Wildbienen Pollen-Spezialisten (oligolektisch).

  • Exklusive Pollen: Diese Arten sind auf den Pollen einer ganz bestimmten Pflanzenfamilie oder sogar nur einer einzigen Pflanzenart angewiesen, um ihre Larven zu ernähren.

    • Beispiel: Die Glockenblumen-Scherenbiene benötigt zwingend den Pollen von Glockenblumen. Fehlt diese Pflanze, kann auch die Biene nicht überleben.

  • Ökosystem-Anker: Diese enge Spezialisierung macht Wildbienen zu unverzichtbaren Ankern in unserem Ökosystem und zum Schlüssel zur Erhaltung der Pflanzenvielfalt.

Die „faulen“ Überraschungen – Kuckucksbienen

In Deutschland gibt es auch Wildbienen, die sich einen "Trick" zu Nutze machen. Die sogenannten Kuckucksbienen (ca. ein Viertel aller Arten). Genau wie der Kuckuck im Vogelreich legen sie ihre Eier in die fertigen Nester anderer Wildbienenarten. Sie sind ein natürlicher und wichtiger Teil des komplexen Wildbienen-Ökosystems.

Keine Kuckucksbiene; eine parasitäre Schlupfwespe; gehört ebenfalls zum Ökosystem


4. Warum Wildbienen unsere Superhelden sind

Wildbienen sind nicht nur schön anzusehen, sie sind auch extrem wichtig für uns und unsere Natur:

  1. Die besseren Bestäuber: Viele Wildbienenarten bestäuben Pflanzen oft effizienter als Honigbienen.

  2. Frühe Starter: Hummeln und einige andere Wildbienenarten sind schon bei niedrigeren Temperaturen aktiv und sichern so die Bestäubung von frühblühenden Obstbäumen wie Apfel und Kirsche.

  3. Wichtig für die Landwirtschaft: Ohne die Bestäubungsleistung der Wildbienen gäbe es deutlich weniger (oder gar kein) Obst und Gemüse.

Wussten Sie schon? Wildbienen haben nur einen sehr kurzen Lebenszyklus von meist nur vier bis sechs Wochen. In dieser Zeit müssen sie die gesamte nächste Generation sichern.


5. Fazit: Was Sie jetzt wissen sollten

Die Wildbienenwelt in Deutschland ist alles andere als simpel. Es ist ein hochkomplexes, vielfältiges Netzwerk von über 600 Arten. Jede mit ihren eigenen Ansprüchen an Wohnung und Nahrung.

Ihre Rolle als hochspezialisierte Bestäuber macht sie unverzichtbar für die gesamte Artenvielfalt der Pflanzen. Leider ist mehr als die Hälfte dieser wunderbaren Insekten in Deutschland gefährdet, da es ihnen zunehmend an geeigneten Nistplätzen und dem richtigen, ganzjährigen Blütenangebot fehlt. Der aktive Wildbienenschutz ist daher entscheidend.

Doch die gute Nachricht ist: Jeder kann helfen!